GESCHICHTE INDONESIEN
Zeugnisse einer der ältesten Formen menschlichen Lebens
(Pithecanthropus erectus oder Homo erectus, auch Java-Mensch
genannt) wurden in Trinil, Sangiran und Mojokerto auf Java
gefunden. Diese und weitere Skelettfunde ließen Zusammenhänge
mit Hinterindien erkennen und bewiesen, dass es während der
letzten Eiszeit aufgrund des niedrigeren Meeresspiegels eine
Landverbindung nach Indien gegeben hat. Jüngere Skelettfunde
gehörten australiden und melanesiden Menschentypen an. Von den
in der Jungsteinzeit eingewanderten Weddiden fand man in Höhlen
auf den östlichen Inseln Rechteckbeile und Malereien. Diese
Geräte wurden ebenfalls in Indien verwendet. Um 3 000 bis
ungefähr 1 000 v. Chr. wanderten protomalaiische Stämme nach
Indonesien ein und verdrängten die weddide und die melaneside
Bevölkerung. Vor 2 000 Jahren hatten einige Küstenvölker
vermutlich bereits künstlich bewässerten Nassreisbau (sawah)
entwickelt. Bronze wurde um 300 v. Chr. von Nordvietnam, Thailand
oder China aus in den Archipel eingeführt. In den ersten
Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung drang der indische
Einfluss auf den Inseln immer weiter vor; Händler und Priester
führten den Hinduismus und den Buddhismus ein.
Der Handel zwischen dem Golf von Bengalen und Indonesien begann
vermutlich in den ersten beiden Jahrhunderten n. Chr. Ein
direkter Kontakt zu China begann vermutlich zwischen dem 3. und
5. Jahrhundert n. Chr. Aus Indonesien wurden Gewürznelken,
Baumharze und Kampfer exportiert.
Steininschriften auf Java aus der Mitte des 5. oder 6.
Jahrhunderts lassen auf die Existenz eines weit reichenden
hinduistischen Königreiches auf Java namens Taruma schließen
(mit dem Zentrum in der Nähe des heutigen Jakarta); das
Bewässerungssystem wurde ausgeweitet. Zu Beginn des 7.
Jahrhunderts gab es in Indonesien und den umliegenden Gebieten
mehrere Königreiche.
Frühe Königreiche
Borobudur (Java) Der buddhistische Tempel wird von zahlreichen
spitz zulaufenden Kuppeldächern gekrönt. Der zum Weltkulturerbe
gehörende Bau stammt aus dem 9. Jahrhundert.Noboru Komine/Photo
Researchers, Inc.
Im 7. Jahrhundert hatten sich zwei verschiedene
Herrschaftssysteme herausgebildet: die Seehandelsreiche entlang
der Küsten von Sumatra, Nordjava, Borneo (Kalimantan), Sulawesi
(siehe Celébes) und weiteren östlichen Inseln und andererseits
die landwirtschaftlich geprägten Reiche im Hinterland, vor allem
in Ost- und Mitteljava. Das größte Seereich war Srivijaya an
Sumatras Südostküste, das Ende des 7. Jahrhunderts ein Zentrum
für den Handel mit Indien und China bildete und circa 500 Jahre
lang eine Monopolstellung im Handel mit China einnahm.
Von diesem Reich ist wenig bekannt, da es kaum archäologische
Funde oder Ruinen gibt. Im Gegensatz dazu hinterließ das im 8.
Jahrhundert gegründete Reich der Shailendra auf Java riesige
Tempelanlagen und zahlreiche Inschriften als Beleg für das
Ausmaß des indischen Einflusses auf ihre Religion und
Staatsorganisation. Die Shailendras ließen in der Mitte des 9.
Jahrhunderts die gewaltige Tempelanlage von Borobudur errichten.
Sämtliche javanischen Königreiche stützten sich auf den
Nassreisbau und verfügten über eine komplexe hierarchische
Verwaltungsstruktur, an deren Spitze ein gottähnlicher König
stand. König Sanjaya regierte von 732 bis 778. Er beherrschte
den östlichen und den zentralen Teil der Insel. Aus ungeklärten
Gründen verlagerte sich das Zentrum des Königreiches Anfang des
10. Jahrhunderts nach Osten, der Einfluss der Hindus auf den
Staat nahm ab. Unter Sindok (Regierungszeit 929-947) und später
gemeinsam mit Bali unter Airlangga zeigte das ostjavanische
Königreich ein zunehmendes Interesse am Überseehandel. 1222
gründete Angrok (Regierungszeit 1222-1227) nach einer Periode
der Teilung das Königreich Singhasari. Unter dem buddhistischen
König Kertanagara (Regierungszeit 1268-1292) wurde der
Herrschaftsanspruch über Gebiete auf Sumatra, die vormals zum
Reich von Srivijaya gehörten, gefestigt. Kertanagaras Nachfolger
Vijaya (Regierungszeit 1293-1309) wehrte eine Mongoleninvasion
auf Java ab und gründete im Jahr 1293 Majapahit, das größte
javanische Reich. Majapahit beherrschte unter Hayam Wuruk einen
großen Teil des heutigen Indonesien und Teile von Malaya.
Der Vormarsch des Islam
Ende des 13. Jahrhunderts traten die ersten Staaten an der Küste
Nordsumatras zum Islam über; der erste muslimische Herrscher war
Sultan Malik al Saleh von Pasai. Kaufleute, anfangs aus
Südindien und Gujarat, verkündeten die neue Religion, die sich
zunächst langsam ausbreitete. Der Aufstieg des Sultanats Malakka
an Malayas Westküste beschleunigte ihren Vormarsch jedoch enorm.
1436 hatte sich Malakka zum bedeutendsten Handelszentrum
Südostasiens entwickelt. Über seine kommerzielle und politische
Macht hinaus wurde Malakka auch das bedeutendste Zentrum für die
Verbreitung des Islam. Der Niedergang des Reiches Majapahit
Anfang des 16. Jahrhunderts war die Folge.
1511 eroberten die Portugiesen unter der Führung Afonso dAlbuquerques
Malakka. Ihr Eindringen veränderte das bestehende Handelsnetz im
Archipel: Mehrere mächtige und miteinander rivalisierende
muslimische Staaten eröffneten neue Handelsrouten. Das
muslimische Aceh im Norden Sumatras war im 16. Jahrhundert der
stärkste Widersacher der Portugiesen in Malakka. Die Portugiesen
griffen es immer wieder an, teils allein und teils vereint mit
anderen muslimischen Staaten. Unter Sultan Iskandar Muda
kontrollierte Aceh bis auf den äußersten Süden sämtliche
Handelshäfen für Pfeffer auf Sumatra. Die Macht dieses Reiches
reichte bis zur Malaiischen Halbinsel. Zwei weitere bedeutende
Handelsstaaten waren Makassar im Südwesten Sulawesis, das 1603
zum Islam übertrat, und Bantam, der muslimische Nachfolger des
Hindu-Königreiches Sunda in Westjava, das auch Südsumatra (und
damit die gesamte Sundastraße) kontrollierte. Ende des 16.
Jahrhunderts entstand in Mitteljava das muslimische Königreich
Mataram und eroberte zahlreiche Fürstentümer an der Küste von
Java. Lediglich Bali trat nicht zum Islam über, sondern blieb
hinduistisch.
Der Beginn der niederländischen Herrschaft
Die Niederländische Ostindische Kompanie (gegründet 1602)
lieferte sich mit den Portugiesen und den Engländern einen
Wettstreit um den Handel im Malaiischen Archipel.
Generalgouverneur Jan Pieterszoon Coen gründete Batavia (heute
Jakarta) als niederländisches Hauptquartier. Die Niederländer
weiteten ihren Einfluss durch militärische Gewalt und durch
Bündnisse mit einheimischen Herrschern aus. Auf einen kurzen
Konflikt mit Mataram 1629 folgte eine Periode der Koexistenz.
1678 trat Mataram die Region Preanger in Westjava an die Kompanie
ab. 1641 eroberten die Niederländer Malakka, doch dies
garantierte längst nicht mehr die Kontrolle über den
Gewürzhandel mit Europa. Die Ostindische Kompanie beschränkte
den Anbau von Gewürznelken auf Ambon und von Muskat auf die
Banda-Inseln und zerstörte gar die Bäume auf anderen Inseln;
auf diese Weise wollte sie eine Monopolstellung erreichen.
Im 18. Jahrhundert führte die Kompanie den Anbau von Kaffee und
anderen Nutzpflanzen auf Java ein und erhob Zwangsabgaben von den
Bauern. Sie stützte sich dabei auf die Zusammenarbeit mit
javanischen Adligen und Zwischenhändlern aus der wachsenden
chinesischen Bevölkerung (die Holländer förderten die
chinesische Einwanderung). 1755 bewirkten niederländische
Interventionen die Teilung des Königreiches Mataram in die
politisch unbedeutenden Fürstentümer Surakarta und Yogyakarta.
In weiten Teilen des östlichen Archipels, abgesehen von den
Molukken, behielten die lokalen Herrscher ihre innere Autonomie,
mussten aber einen Sonderstatus der Kompanie akzeptieren.
Finanzielle Misswirtschaft und ein Rückgang des Handelsvolumens
führten zum Bankrott der Kompanie und 1799 zu ihrer Auflösung.
Die niederländische Regierung übernahm danach die Kontrolle
über ihre ostindischen Besitzungen.
Die Festigung der niederländischen Herrschaft
Während der Napoleonischen Kriege eroberten die Briten Java und
die Molukken. Von 1811 bis 1816 versuchten sie die Verwaltung von
Java zu zentralisieren und reformieren, was nicht gelang. 1816
gaben die Briten die eroberten Gebiete an die Niederlande
zurück. In den Jahren 1825 bis 1830 mussten immense Geldsummen
aufgewendet werden, um den Widerstand unter Anführung des
javanischen Fürsten Diponegoro zu brechen. Die Niederländer
annektierten große Teile der Fürstentümer in Mitteljava und
führten 1830 das so genannte Kulturensystem ein,
nach dem die Bauern einen Anteil ihres Landes (offiziell ein
Fünftel, in der Regel aber weit mehr) dem Anbau von
Exportfrüchten, außer Reis, vorbehalten mussten. Für die
Kolonialmacht erwies sich dieses ausbeuterische System als
äußerst gewinnbringend. Die Folge waren weit verbreitete
Hungersnöte auf Teilen Javas in den vierziger und fünfziger
Jahren des 19. Jahrhunderts.
Die Niederländer dehnten ihren Machtbereich weiter aus. Auf
Sumatra nahmen sie 1837 große Bereiche in ihren Besitz und
annektierten 1858 die Fürstentümer an der Nordostküste.
In den siebziger Jahren hatte eine Kampagne niederländischer
Liberaler gegen das Kulturensystem Erfolg: Seine schlimmsten
Auswüchse wurden beseitigt. Eine liberalere Politik gewährte
nach dem Laisser-faire-Prinzip dem privaten Unternehmertum
größere Freiräume. In der Folgezeit traten Öl, Zinn und
Kautschuk zunehmend an die Stelle von Kaffee, Zucker und Tabak
als Hauptexporte nach Europa. Diese Produkte stammten zum großen
Teil nicht aus Java, sondern aus den neu eroberten Gebieten. Nach
einem 30 Jahre währenden Krieg wurde 1908 Aceh unterworfen, Bali
folgte 1909; zu dieser Zeit hatten die Niederländer bereits die
Kontrolle über Sulawesi, die Molukken, die Kleinen Sunda-Inseln
und den größten Teil Borneos gefestigt.
Das Aufkommen des Nationalismus
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts leiteten die Niederländer die so
genannte Ethische Politik ein: Die Bevölkerung
sollte mehr Selbstverwaltung erhalten. Die Landwirtschaft wurde
modernisiert, ein Gesundheits- und Bildungswesen aufgebaut, und
die Infrastruktur auf und zwischen den Inseln wurde verbessert.
Im Zuge dieser Politik bildeten sich zwei neue Gruppierungen
heraus: gebildete Indonesier mit nationalen Interessen und eine
kleinere Gruppe Unternehmer, die den Konkurrenzkampf mit der
immer noch überwiegend chinesischen Händlerschicht aufnahm. Die
Unzufriedenheit der Indonesier mit der kolonialen
Gesellschaftsstruktur nahm zu; eine politische und
wirtschaftliche Rolle, die ihrer Bildung und ihren Fähigkeiten
entsprochen hätte, blieb ihnen in diesem System verwehrt.
Die ersten antikolonialen Massenbewegungen wurden 1912 von der
Islamischen Vereinigung (Sarekat Islam) ins Leben gerufen.
Entstanden war die Union als Schutzgemeinschaft für Händler mit
Batikwaren, doch bis 1918 zählte die Sarekat Islam bereits mehr
als zwei Millionen Mitglieder im gesamten Archipel. Die
Niederländer reagierten zunächst beschwichtigend; 1916 wurde
der Volksraad (Volksrat) gegründet, in dem
ausgewählte Repräsentanten bedeutender Bevölkerungsgruppen
vertreten waren. Nach dem 1. Weltkrieg und insbesondere nach
einem fehlgeschlagenen, von Kommunisten geführten Aufstand in
den Jahren 1926 und 1927 schlug die Regierung jedoch eine
härtere Gangart ein.
Seit Anfang der zwanziger Jahre war die nationalistische Bewegung
nicht mehr ausschließlich muslimisch dominiert; insbesondere
Sukarno, ein Befürworter völliger Unabhängigkeit, der 1927 die
Partai Nasional Indonesia (PNI; Indonesische Nationalpartei)
gründete, machte von sich reden. Ungeachtet der mehrmaligen
Verhaftung und Ausweisung von Sukarno (1929-1931, 1933-1942) und
anderen nationalistischen Führern, wie z. B. Mohammed Hatta
(1934-1942), und des Verbots der PNI und weiterer
regierungsfeindlicher Parteien, hatte die nationalistische
Bewegung weiter großen Zulauf. Erst mit der Verwicklung der
Niederlande in den 2. Weltkrieg entspannten sich die Zustände
für die indonesischen Parteien.
Die japanische Besetzung
1942 besetzten die Japaner Niederländisch-Indien. Um unter der
indonesischen Bevölkerung Sympathien für ihr Regime zu
gewinnen, übertrugen die Japaner Sukarno und seinen Gefährten
einen eher symbolisch zu nennenden politischen
Handlungsspielraum. Strategische Erwägungen bezüglich des
Zugangs zu Bodenschätzen, insbesondere zu Ölquellen, und die
Angst vor Gegenangriffen der Alliierten, bewogen die Besetzer
jedoch dazu, ein diktatorisches Regime einzuführen.
Ab September 1943 richteten die Japaner auf Java, Bali und
Sumatra Milizen ein; Tausende junger Männer wurden dort
militärisch ausgebildet und bildeten nach dem Krieg den Kern
einer Unabhängigkeitsarmee. Wegen der grausamen Behandlung und
der zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten hatten sich die
Indonesier jedoch von den Japanern abgewandt. Diese unternahmen
im Oktober 1944 mit dem Versprechen der Unabhängigkeit
Indonesiens einen letzten Versuch, die Bevölkerung gegen die
befürchteten Angriffe der Alliierten zu mobilisieren und
gewährten in der Folgezeit eine begrenzte
Selbstverwaltung.
Der Unabhängigkeitskrieg
Niederländische Polizeiaktionen in Indonesien Die
zwei so genannten Polizeiaktionen der Niederländer
auf Java und Sumatra in den Jahren 1947 bis 1949 waren in
Wirklichkeit gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen und
-bewegungen gerichtete Militäraktionen. Nach dem 2. Weltkrieg
hatten sich die Niederlande geweigert, die starken
nationalistischen Strömungen in Indonesien zur Kenntnis zu
nehmen oder gar die Unabhängigkeit Indonesiens, die Sukarno noch
1945 ausgerufen hatte, anzuerkennen. Stattdessen suchten sie ihre
alte Kolonialherrschaft mit Gewalt wieder herzustellen, mussten
sich 1949 aber schließlich doch der indonesischen Guerilla
ebenso wie dem internationalen Druck beugen und Indonesien in die
Unabhängigkeit entlassen.Hulton Getty Picture Collection
Am 17. August 1945, zwei Tage nach der Kapitulation Japans,
riefen Sukarno und Hatta die unabhängige Republik Indonesien aus
und wurden Präsident und Vizepräsident des neuen Staates. Ende
September, als britische Soldaten auf den Inseln landeten,
bestand bereits in zahlreichen Teilen Javas und Sumatras eine
funktionierende republikanische Verwaltung. 1946 wurde das
Abkommen von Linggajati unterzeichnet, in dem die Souveränität
der Republik auf Java, Madura und Sumatra von den Niederländern
de facto anerkannt wurde und die Bildung einer Föderation
Indonesien vorgesehen war.
Im Juli 1947 unterstellten die Holländer der Republik jedoch
Verstöße gegen das Abkommen und griffen militärisch an. Sie
weiteten ihre Kontrolle über zwei Drittel von Java und große
Ländereien und Ölfelder auf Sumatra aus. Proteste vor den
Vereinten Nationen (UN) führten zur Bildung einer
UN-Völkerrechtskommission, die die Unterzeichnung des Abkommens
von Renville zwischen beiden Seiten überwachte. Eine
niederländische Blockade des republikanischen Gebiets führte zu
schweren Versorgungsengpässen und verstärkte die
Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung, die weiter
mit den Niederländern verhandelte. Dies war eine der Ursachen
für den Aufstand der Kommunisten gegen die republikanische
Regierung im September 1948 in Madiun.
Im Dezember 1948 griffen die Holländer unter Missachtung der
UN-Waffenstillstandslinie erneut an und nahmen die provisorische
Hauptstadt Yogyakarta ein. Danach verhafteten sie den größten
Teil der Regierung, darunter Sukarno und Hatta, und verwiesen sie
des Landes. Trotz des offensichtlichen Erfolgs der Anfangsattacke
zwangen der republikanische Guerillakampf und der Druck der
internationalen Gemeinschaft die Niederländer zum Einlenken.
1949 willigten sie auf der Konferenz von Den Haag ein, bis zum
Ende des Jahres die Souveränität über ganz Indonesien, mit
Ausnahme von Westirian, der föderativen Republik der Vereinigten
Staaten von Indonesien (RUSI) zu übertragen.
Die Ära Sukarno
Im August 1950 löste ein Zentralstaat Indonesien die RUSI ab.
Gelegentliche Aufstände muslimischer Gruppierungen in Westjava
und Aceh und niederländisch geführte, antirepublikanische
Bewegungen auf Sulawesi und den Molukken behinderten die Versuche
der neuen Regierung, aus den verschiedenartigen Völkern und
Kulturen Indonesiens einen funktionierenden Staat zu schaffen.
Nach den landesweiten Wahlen Ende 1955 verfügte keine große
Partei über eine Mehrheit im Parlament, und lediglich eine
Partei, die Masjumi, hatte außerhalb Javas eine nennenswerte
Anhängerschaft. Wie schon vor den Wahlen warfen die Kritiker der
parlamentarischen Regierung vor, sie sei zersplittert, korrupt
und ineffektiv, ferner habe sie zu wenig Kontakt zu den Regionen,
die sie repräsentieren sollte.
Sukarno Sukarno, einer der Führer in der indonesischen
Unabhängigkeitsbewegung, erklärte im August 1945 die Republik
Indonesien für unabhängig und übernahm das Amt des
Staatspräsidenten. Ab 1965 wurde er schrittweise entmachtet, und
1967 musste er die Regierungsgewalt endgültig an General Suharto
abtreten.Hulton Deutsch
1956 forderte Präsident Sukarno dazu auf, das Parteiensystem zu
überprüfen und die liberale Demokratie durch ein System einer
gelenkten Demokratie zu ersetzen, in der dem Präsidenten eine
größere Macht eingeräumt würde. Für die wirtschaftliche
Entwicklung der übrigen Inseln, außer Java, fehlten die Mittel,
obwohl sie eine der Hauptquellen für Indonesiens Exporteinnahmen
waren. Dies war eine der Hauptursachen für die Militärputsche
auf Sumatra und Sulawesi (Dezember 1956 bis März 1957) und die
Forderung nach größerer lokaler Autonomie. Rebellen aus der
Armee proklamierten am 15. Februar 1958 auf Sumatra die
revolutionäre Regierung der Republik Indonesien; sie erhielten
Unterstützung aus Sulawesi und mehreren führenden Politikern
der Masjumi. Trotz der heimlichen Unterstützung der Rebellen
durch die Vereinigten Staaten und Taiwan schlugen die Truppen der
Regierung in Jakarta den Aufstand schnell nieder;
Guerillakämpfer setzten den Kampf allerdings bis 1961 fort.
Unter Sukarnos Regime der gelenkten Demokratie (1959-1965)
verfolgte Indonesien eine aggressive Außenpolitik: Die Regierung
forderte den Verzicht der Niederlande auf Westirian (es wurde
1962 unter einem UN-Mandat unter indonesische Kontrolle gestellt)
und versuchte, die Bildung der Föderation Malaysia im Jahr 1963
zu verhindern. Innenpolitisch setzte sich der wirtschaftliche
Niedergang fort, Armee und Kommunisten (Partai Komunis Indonesia
oder PKI) gelang es, ihre Macht zu vergrößern. Gleichzeitig
verschärften sich die bestehenden Spannungen zwischen den beiden
Lagern.
Die Ära Suharto
Suharto General Suharto regierte ab 1967 als Nachfolger von
Präsident Sukarno in Indonesien. Er errichtete ein autoritäres,
durch das Militär gestütztes Regime, das sich zunehmend den
Vorwürfen der Korruption und der Vetternwirtschaft ausgesetzt
sah. Nach Massenprotesten gegen die Regierung Suharto sowie gegen
Preiserhöhungen und Inflation und nachdem er auch aus den
eigenen Reihen zunehmend unter Druck gesetzt wurde, trat Suharto
im Mai 1998 zurück.
Der Konflikt gipfelte am 30. September 1965 in einem
Putschversuch unter Führung von Oberstleutnant Untung der
Palastwache, sechs führende Generäle wurden dabei ermordet.
General Suharto, der Kommandeur der strategischen Reserven der
Luftstreitkräfte, schlug den Staatsstreich nieder, übernahm die
Kontrolle über die Armee und zwang Sukarno im März 1966, ihm
praktisch die politische Macht zu übertragen. Über die
Identität und die Motive der Rädelsführer des Putsches wird
zwar noch heute gerätselt, für die Armee bestand jedoch kein
Zweifel daran, dass die PKI dahinter steckte: Ende 1965 verübten
Einheiten der Armee und einige muslimische Gruppierungen trotz
der Beschwichtigungsversuche Sukarnos ein Massaker an den
Kommunisten, ihren Anhängern und (vermeintlichen)
Sympathisanten. Die PKI wurde am 13. März 1966 verboten, und die
Regierung ließ Hunderttausende mit der Beschuldigung, am Putsch
beteiligt gewesen zu sein, verhaften. Noch heute sitzen
Häftlinge von damals in Gefängnissen. Immer wieder hat die
Regierung einige hinrichten lassen, zuletzt 1990. Lediglich etwa
800 von ihnen wurden vor Gericht gestellt.
Suhartos Regierung der Neuen Ordnung bezog im
Wesentlichen eine prowestliche Haltung. Sie beendete den Konflikt
mit Malaysia und trieb seither energisch die Bildung der
regionalen Vereinigung ASEAN (Bündnis südostasiatischer
Staaten) voran. Im Westen ausgebildete Wirtschaftsfachleute
rieten der armeegeführten Regierung, direkte ausländische
Investitionen zu fördern; ferner räumten ihr einige westliche
Staaten Kredite ein.
Die Wahlen im Jahr 1971 standen unter strenger Aufsicht der
Sicherheitskräfte. Die Regierungsorganisation Sekber Golkar
(Vereintes Sekretariat der funktionellen Gruppe) sicherte sich
die Mehrheit der Sitze im Parlament, das im Wesentlichen nur
beratende Funktion hatte. Golkar erhielt bei den Wahlen 1977
erneut 62 Prozent der Stimmen. Die Volksvertretungen nach diesen
beiden Wahlen wählten zweimal Suharto zum Präsidenten.
1975 war das staatliche Ölunternehmen Pertamina nicht in der
Lage, seine Schulden in Höhe von 10,5 Milliarden US-Dollar zu
begleichen; diese Krise bedrohte den gesamten Haushalt
Indonesiens. Die Regierung in Jakarta war gezwungen, Projekte zu
streichen und die Zahlungsbedingungen der Kredite neu
auszuhandeln; dennoch konnte sie sich erst Ende 1977 mit der
Hilfe westlicher Regierungen aus der Krise retten. In der
Folgezeit unterstützten die steigenden Weltmarktpreise für
Erdöl die wirtschaftliche Entspannung.
Gewalttätige Ausschreitungen gegen die PKI Weil Anhänger der
Kommunistischen Partei (PKI, Partai Komunis Indonesia) in
Verbindung mit dem Putschversuch vom 30. September 1965 gebracht
wurden, entlud sich eine Welle der Gewalt gegen die PKI. Diese
Aufnahme zeigt die PKI-Zentrale kurz nach den Ausschreitungen
oder vielmehr das, was von ihr noch übrig blieb. Gegen Ende 1965
verübten Einheiten der indonesischen Armee und andere
Gruppierungen Massaker an den Kommunisten und ihren
vermeintlichen Anhängern, darunter zahlreiche Chinesen.
Schätzungen zufolge kamen dabei 300 000 bis eine Million
Menschen ums Leben.
Zu einer zweiten Krise kam es im Dezember 1975, als Indonesien in
der ehemaligen portugiesischen Kolonie Osttimor einmarschierte
und trotz der Proteste Portugals und der UN annektierte. Nach
Angaben von Menschenrechtsorganisationen hat die indonesische
Armee bei dieser Aktion mehr als 100 000 Menschen ermordet.
Fortwährende politische Unruhen in der Region gipfelten im
Dezember 1991 in einem Massaker. Während einer Trauerfeier in
Dili, der Hauptstadt Osttimors, schossen indonesische Soldaten
wahllos in die Menge und töteten dabei 273 Menschen (siehe
Osttimorkonflikt).
Die stärkste Opposition gegen das Suharto-Regime bilden
muslimische Gruppierungen und Studenten. Die Muslime hatten sich
allen Versuchen der Regierung, sie zu kontrollieren, erfolgreich
widersetzt, und die Studenten prangerten die Korruption und die
Menschenrechtsverletzungen der Regierung an. Als Reaktion auf
weit verbreitete Studentendemonstrationen Anfang 1978
verschärfte die Regierung ihre Kontrolle über die
Universitäten und die Presse.
Langfristig stellen jedoch die zunehmenden sozialen und
wirtschaftlichen Ungleichheiten, insbesondere die Landlosigkeit
der javanischen Bauern, die größten Gefahren für das Regime
dar. Aufgrund des trotz eines relativ erfolgreichen
Familienplanungsprogramms auf Java hohen
Bevölkerungswachstums vergrößerte sich die Kluft zwischen Arm
und Reich. Dennoch scheint die Generation von 1945
der Armee entschlossen, die Kontrolle zu behalten und an ihrem
Machtmonopol festzuhalten. Golkar gewann bei den Parlamentswahlen
im Mai 1982 erneut die Mehrheit, und im März 1983 wählte das
Parlament wiederum Suharto zum Präsidenten. Er war als Einziger
zur Wahl angetreten und dehnte danach seine Machtbefugnisse als
Präsident aus. Auch die Wiederwahlen im März 1988 und 1993
gewann Suharto ohne Gegenkandidaten. Bei den Parlamentswahlen vom
Juni 1997 erreichte Golkar abermals die absolute Mehrheit.
Im März 1998 bestätigte die Konsultative Volksversammlung per
Akklamation Suharto für weitere fünf Jahre im Amt; begleitet
wurde die Wiederwahl von massiven, vor allem von
Studenten angeführten Protesten sowohl gegen Suhartos
autoritäres Regime als auch gegen die zunehmende Verarmung
weiter Kreise der Bevölkerung. Die Verarmung war Folge der
schweren Wirtschafts- und Währungskrise, die nach Jahren des
stetigen Wirtschaftswachstums 1997 über ganz Südostasien,
besonders über Indonesien, hereinbrach. Die Maßnahmen der
Regierung Suharto gegen die Krise erschöpften sich primär in
der Aufforderung, den Gürtel enger zu schnallen, und in der
Erhöhung der Preise für Energie, öffentliche Transportmittel
und Grundnahrungsmittel. Hilfskredite in Höhe von 40 Milliarden
Dollar, die der Internationale Währungsfonds (IWF) Indonesien
angeboten hatte, kamen nicht zum Einsatz, da sie seitens des IWF
mit Auflagen Reformen in Staat und Wirtschaft
verbunden waren; Suharto aber lehnte Reformen vor Ablauf seiner
unterdessen siebten Amtsperiode, d. h. vor dem Jahr 2003, ab. Den
anhaltenden und sich ausweitenden Massendemonstrationen gegen das
Regime Suharto begegnete die Regierung zunehmend mit dem Einsatz
von Polizei- und Militärkräften.
Rücktritt Suhartos und Neuordnung
Mitte Mai 1998 eskalierten die Proteste und Demonstrationen zu
einer Plünderungs- und Zerstörungswelle vor allem in der
Hauptstadt Jakarta, in deren Verlauf etwa 500 Menschen ums Leben
kamen. Suharto nahm daraufhin einige der Preiserhöhungen zurück
und kündigte die baldige Umsetzung von Reformen an; außerdem
stellte er seinen Rücktritt und Neuwahlen in Aussicht,
allerdings ohne einen Termin zu nennen. Dennoch gingen die
Demonstrationen gegen das Regime Suharto weiter, und nachdem er
auch aus den eigenen Reihen zunehmend unter Druck gesetzt worden
war, erklärte Suharto am 21. Mai 1998 seinen Amtsverzicht. Noch
am selben Tag wurde Suhartos enger Vertrauter und bisheriger
Vizepräsident Bacharuddin Jusuf Habibie als neuer Präsident
vereidigt.
Das ebenfalls am 21. Mai vorgestellte Kabinett setzte sich zur
Hälfte aus Mitgliedern früherer Regierungen zusammen. Habibie
kündigte Reformen in allen Bereichen an, auch innerhalb der
Regierung selbst, die er von Korruption und Nepotismus zu
befreien versprach, und er sagte die Einhaltung aller
Verpflichtungen gegenüber dem Ausland, insbesondere dem IWF, zu.
Sowohl das Ausland wie auch ein großer Teil der indonesischen
Bevölkerung nahmen den Regierungswechsel mit Erleichterung auf.
Dagegen steht die indonesische Opposition unter ihrem Führer
Amien Rais der neuen Regierung weiterhin kritisch gegenüber. Zum
Kern ihrer Forderungen gehörten im Wesentlichen die Enteignung
des Suharto-Clans, die Aufnahme von Strafverfahren
wegen Korruption, die Zulassung neuer Parteien sowie Neuwahlen.
Mit der Untersuchung der Korruptionsvorwürfe wurde schließlich
die indonesische Generalstaatsanwaltschaft betraut, und es wurden
Neuwahlen und die Liberalisierung der Parteienzulassung für 1999
angekündigt. Die innenpolitische Lage blieb auch auf Grund von
Hungersnöten in Teilen des Landes gespannt (z. B. Osttimor,
Ostsumatra, Borneo, Sulawesi).
Die politischen Verhandlungen zur Lösung des Konflikts um
Osttimor erhielten neue Impulse. Präsident Habibie legte im Juni
1998 einen Plan für Osttimor vor, der einen Teilabzug der
indonesischen Truppen und einen bedingten Autonomiestatus für
die Region in Aussicht stellte. Die Unabhängigkeitsbewegung
Osttimors, Fretilin, forderte dagegen eine Volksabstimmung über
die Unabhängigkeit. Anfang 1999 ließ die indonesische Regierung
wohl auch auf internationalen Druck hin
verlautbaren, dass die politische Diskussion über die
Unabhängigkeit in Erwägung gezogen werden könne, falls das
Angebot einer Autonomie in der Bevölkerung Osttimors auf
Ablehnung stoße.
Mitte März 1999 kam es im indonesischen Teil der Insel Borneo
zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen, vor allem zwischen den
ursprünglich ansässigen Dayak und den zugewanderten Indonesiern
zu blutigen Auseinandersetzungen: Über 60 Menschen wurden
ermordet, mehr als 1 000 Häuser niedergebrannt, und etwa 2 000
Menschen flüchteten. Nach erneutem Aufflammen des Konflikts
unterzeichneten beide Gruppen im März 2001 ein Friedensabkommen.
Bei den Parlamentswahlen vom 7. Juli 1999 wurde die Partai
Demokrasi Indonesia Perjuangan (PDI-P) von Megawati Sukarnoputri
stärkste politische Kraft, gefolgt von Habibies bisheriger
Regierungspartei Golongan Karya (Golkar).
Eine beispiellose Welle der Gewalt löste im September 1999 in
Osttimor ein Referendum aus, bei dem sich 78,5 Prozent der
Bevölkerung für die staatliche Unabhängigkeit von Indonesien
ausgesprochen hatten. Obwohl Indonesiens Präsident Bacharuddin
Jusuf Habibie umgehend deutlich machte, das Votum anzuerkennen,
kam es nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses zu
gewalttätigen Übergriffen proindonesischer Milizen gegen die
Zivilbevölkerung. Nach einer Woche dauerndem Terror beugte sich
die in Bedrängnis geratene indonesische Regierung dem massiven
internationalen Druck und stimmte der Intervention einer
UN-Friedenstruppe (INTERFET) zu, die unter australischem
Oberkommando am 20. September auf Osttimor landete und die
Milizionäre zurückdrängte. Am 27. September kündigte die
indonesische Armeeführung den Abzug ihrer Truppen an und
übergab der INTERFET formal die Kommandogewalt über Osttimor.
Damit gingen 24 Jahre gewaltsamer indonesischer
Militärherrschaft zu Ende, der nach UN-Schätzungen 200 000
Osttimoresen zum Opfer gefallen waren.
Die Beratende Volksversammlung wählte am 20. Oktober 1999 den
gemäßigten Muslimführer Abdurrahman Wahid zum neuen
Staatspräsidenten von Indonesien, nachdem die Abgeordneten
Bacharuddin Jusuf Habibie das Vertrauen entzogen hatten. Nach der
überraschenden Niederlage der als Favoritin gehandelten
Oppositionsführerin Megawati Sukarnoputri kam es im ganzen Land
zu Ausschreitungen. Die Lage beruhigte sich jedoch, als die
Tochter des Staatsgründers Sukarno tags darauf zur
Vizepräsidentin berufen wurde.
Dem am 26. Oktober vorgestellten Kabinett gehörten Politiker
aller größeren Parteien an. Auf Druck der Beratenden
Volksversammlung gab Staatsoberhaupt Wahid im August 2000 eine
Reihe wichtiger Regierungsvollmachten an seine Stellvertreterin
Sukarnoputri ab. Bei einer im August 2000 erfolgten
Regierungsumbildung wurden die 35 Minister durch ein 26-köpfiges
so genanntes Expertenkabinett ersetzt, dem auch einige Militärs
angehören.
Zu den gravierendsten innenpolitischen Problemen Indonesiens
gehört der religiöse Konflikt zwischen Muslimen und Christen
auf den Molukken, der sich zum Bürgerkrieg entwickelte. Darüber
hinaus sieht sich die Regierung nach der Abspaltung Osttimors
auch in anderen Landesteilen mit Autonomiebestrebungen
konfrontiert.
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